Über den Dingen

dubai
travel
Author

Alex

Published

June 26, 2025

Modified

June 26, 2025

Die Lichter der Stadt leuchten unter dem Fenster, wie tausend Sterne breitet sich ein nicht enden wollender Teppich aus Glühlampen unter uns aus. Wolkenkratzer mit mehreren Dutzend Stockwerken liegen unter uns, winzig wie Grashalme, und man kann selbst die Aufbauten auf ihren Dächern teilweise kaum erkennen, obwohl sie vom Boden betrachtet riesig sein müssen. Goldene Rahmen aus Licht lassen ihre Konturen im Halbdunkeln erahnen, und von hier oben sehen sie eher wie eine Spielekonsole aus als ein stolzes Gebäude in der nicht enden wollenden Skyline Dubais. Zwischen ihnen liegen kleine, hellblaue Flecken aus Wasser, Pools oder dekorative Installationen, die ebenfalls von leuchtenden Linien umrahmt sind. In die Ferne strecken sich rote und gelbe Bänder aus Autoscheinwerfern, die sich erst zwischen den Wolkenkratzern hindurchschlängeln, die roten vom Beobachter weg, die gelben auf einen zu, und außerhalb in den Vororten zu dicken Stadtautobahnen verbreitern. Sie scheinen sich unendlich weit in die Ferne zu verlieren.

Das ist das Dubai, wie ich es mir immer vorgestellt hatte - strahlend hell, prunkvoll und einfach nur beeindruckend. An kaum einem anderen Ort wird das so eindrucksvoll demonstriert wie im höchsten Gebäude der Welt, mitten in Dubais Innenstadt. Beziehungsweise ist zumindest mir nicht so ganz klar, wo der Downtown der zweitgrößten Stadt der Vereinigten Arabischen Emirate denn sein soll, denn in jeder Blickrichtung sieht man hohe Häuser stehen, die sich zu kleinen Neben-Skylines gruppieren. In weiter Ferne erahne ich das Viertel Marina, das, aus näherer Nähe betrachtet, das Frankfurter Bankenviertel eher wie ein Geburtstagskuchen wirken lassen würde, hier ist es kaum mehr als ein erhöhter Silberstreif am Horizont. Der Blick hier von der Aussichtsplattform “At the Top” übertrifft selbstverständlich und sprichwörtlich jedes andere Haus selbst in dieser City der Superlative. Trotzdem sind wir noch fern von der Spitze des Burj Khalifa, gerade einmal auf 456 der 828 Meter Gesamthöhe befinden wir uns hier, also mal knapp über die Hälfte. Trotz des schnellen Aufzuges hier in den 124. Stock haben wir eine ganze Weile von unten gebraucht, denn wie so oft wollen natürlich eine ganze Menge Besucher die Aussicht hier genießen, besonders wenn man zur Zeit des Sonnenuntergangs vorbeischauen möchte. Zwar war es problemlos möglich, im Internet Eintrittskarten für den gewünschten Zeitraum zu bekommen, beziehungsweise etwas davor, da man sich so die Pole Position an den schönsten Aussichtsfenstern sichern kann, und diese gleichzeitig noch etwas günstiger sind. Und wir kamen auch problemlos an der Kasse vorbei, nur kurz den QR-Code gescannt, und weiter geht es. Dann mussten wir aber erkennen, dass wir nicht schlauer waren als etwa zweihundert andere Besucher, die vor uns in derselben “Expressschlange” in Richtung Aufzüge standen. Nach den Sicherheitskontrollen, die jeder Höhenhungrige zu durchlaufen hat, wand sich die Schlange dann noch durch nicht enden wollende Flure und Hallen, die alle nett anzuschauen waren, aber uns unserem Ziel nicht wirklich näher zu bringen schienen. Zum Zeitvertreib ließen wir ein paar Erinnerungsbilder vor einem Green Screen machen, auf Anweisung hampeln und posieren wir vor einer unsichtbaren Kulisse und tun so, als wären wir weit oben in der Luft, ein echter Spaß. Mit einem QR-Code zur späteren Abholung ausgestattet ging es dann weiter mit Warten.

Original in Groß

Original in Groß

Modell in “Klein”

Modell in “Klein”

Aus dem überdimensionalen Fahrstuhl getreten, befinden wir uns auf dem Observation Deck des “At The Top” und nehmen tatsächlich noch ein paar Strahlen Tageslicht mit, wenn wir auch den eigentlichen Sonnenuntergang verpasst haben. Welch Pracht, als sich das Dunkel mehr und mehr über die Stadt legt und die Flut des Lichtermeers über die Stadt rund um den Burj Khalifa hereinstürzt. Wie nicht anders zu erwarten, zücken wir und die vielen anderen Touristen um uns herum schnell die Smartphones, Fotoapparate und Selfie Sticks, und knipsen was das Zeug hält, um keinen Aspekt dieser Erfahrung undokumentiert zu lassen, und in dem naiven Glauben, diese prachtvollen Eindrücke auch nur annähernd fotografisch festhalten zu können. Dies gelingt uns tatsächlich nicht einmal annähernd, da das Lichtermeer nicht vor der Fassade des Aussichtsdecks aufhört. Die dekorative Innenbeleuchtung spiegelt sich in den Glasscheiben und verdirbt das imposante Fotomotiv zumeist. Nur wenn man sich ganz nah und in einem bestimmten Winkel an die Fenster stellt, hat man eventuell etwas Glück. Andere mit besseren Kameras und mehr Talent sind vielleicht etwas erfolgreicher, wir müssen unsere Hoffnungen auf das perfekte Foto auf das Außendeck verlegen. Aber so können wir wenigstens ablenkungsfrei die Aussicht genießen, und das das Deck doch eine ordentliche Größe aufweist, brauchen wir dafür auch eine ganze Weile. Auf der Außenplattform pfeift einem der nachts nicht mehr ganz so warme Wüstenwind um die Ohren und bringt einem die luftige Höhe in der man sich befindet, fröstelnd ins Bewusstsein zurück.

Nachdem wir uns lange genug an der Ameisenstadt unter uns gelabt haben, stellen wir fest, dass auch bei der Abfahrt der Aufzug wieder eine Engstelle darstellt, und wir erst mal warten müssen. Kein Problem, wir können uns auch hier beschäftigen, nachdem wir unten bereits vor einer imaginären Kulisse posiert haben, können wir uns jetzt das passende Motiv dazu aussuchen, ausnahmslos hell beleuchtete Ansichten des Burj Khalifa selbst oder der eben bewunderten Aussicht, und wir turnen auf einem eingefügten Stahlträger in schwindelerregender Höhe über Dubai oder vor einem Brunnen herum und sehen gut aus. Wir suchen uns einige Motive heraus, und wundern uns zwar, dass keine Preise angeschrieben sind, aber nur so lange, bis wir umgerechnet 200 Euro für das Komplettpaket mit allen Bildern plus gedruckten Fotos bezahlen sollen. Als wir uns erschrocken weigern, sinkt der Preis auf einmal auf umgerechnet gut 70 Euro, für nur ein gedrucktes und sonst digitale Bilder. Da kann man dann wohl doch nicht nein sagen… Der Ankereffekt wird uns in Dubai nicht nur einmal zum Verhängnis werden, aber was tut man nicht alles für die Erinnerung an ein trotzdem unvergessliches Erlebnis… Zumindest schmückt das gedruckte Bild im exklusiven Rahmen nun unser Wohnzimmerregal und erinnert uns jeden Tag an unsere Überrumpelbarkeit, und wir werden nicht erst vom Fahrstuhl auf den Boden zurückgeholt und daran erinnert, dass man auch im höchsten Gebäude des Erdballes nicht zum König der Welt wird. Auch wenn es sich verdammt so anfühlt.

Abschlussfoto bei Nacht

Abschlussfoto bei Nacht

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